Fundort: Tansania
Mohshärte: 6,5 – 7
chem. Zusammensetzung: Caz Al3 (AlOH) (Si 04)3
Spez. Gew.: 3,3
Kristallsystem: rhombisch
Brechungsindex: 1,70

Das Stichwort Afrika löst bei den meisten Menschen Bilder von wilden Tieren. Wer denkt da schon an Edelsteine? Und doch ist ein afrikanisches Land Namensgeber für die bezaubernde Spielart eines Minerals, die der Idar-Obersteiner Professor Dr. Hermann Bank 1971 nicht zu Unrecht als Edelstein des 20. Jahrhunderts bezeichnete. Der leuchtende blaue Tansanit, der von einem geheimnisvollen purpurfarbenen Hauch umgeben ist, hat seit seiner Entdeckung im Jahre 1967 viele Freunde gewonnen. Etwas zu besitzen, das nicht jeder hat, ist seit jeher eines der wesentlichen Kriterien für die Wertschätzung edler Steine, und so hat der südlich des Äquators liegende ostafrikanische Staat Tansania heute für Kenner einen besonderen Klang.

Tansanit ist allerdings kein neues Mineral, sondern eine besondere farbliche Varietät des Zoisit, die bisher nur in Tansania gefunden wurde. Fachmineralogen haben den Namen, den der New Yorker Juwelier Tiffany für die wurnderbare Abart vorschlug, bis heute nicht anerkannt, aber für Edelsteinliebhaber ist er ein so fester Begriff geworden, dass ihnen die Bezeichnung „blauer Zoisit“ fast profan vorkäme. Nicht umsonst hat Louis Comfort Tiffany in der Juwelenwelt einen ähnlich ruhmreichen Namen wie die St. Petersburger Firma Fabergé.

Doch auch Zoisit ist eine Bezeichnung „von Adel“. Das wasserhaltige Kalktonerde-Silikat, das 1805 auf der Saualpe in Kärnten entdeckt wurde, erhielt seinen Namen nach dem Mineraliensammler Baron von Zois aus Laibach (heute Ljubljana/Slowenien), der von 1747 bis 1819 gelebt hat. Der gewöhnliche Zoisit ist aschgrau, braungrau, gelegentlich auch grünlich. Man könnte ihn als eisenfreien Epidot, allerdings mit anderer Kristallform, bezeichnen. Aber schon bald nach dem Erstfund tauchte in der Landschaft Telemarken in Norwegen – später auch in Mähren – durch geringen Mangangehalt dichtes rosagefärbtes Material auf, das 1823 den Namen Thulit erhielt. Dass man den ersten schmuckwürdigen Zoisit nach der im hohen Norden zu suchenden Sageninsel Thule benannte, birgt rückwirkend betrachtend schon so etwas wie eine Ahnung von den Überraschungen, die das Mineral noch zu bieten hat.

Anfang dieses Jahrhunderts widmete zwar Max Bauer in seiner „Edelsteinkunde“ dem Zoisit und Thulit nur ganze sieben Zeilen. Es mussten noch weitere 50 Jahre vergehen, ehe der Stein erneut ins Blickfeld rückte. 1954 nämlich wurde in Tansania westlich vom Mount Longido direkt an der kenianischen Grenze ein leuchtendgrünes Zoisitgestein mit großen, wenn auch undurchsichtigen Rubinen und schwarzen Hornblendeflecken gefunden. In der Eingeborenensprache heißt es Anyolit, was schlicht “ grün“ bedeutet. Man ist diesem attraktiven Ornamentgestein seither in mannigfaltigen Gebrauchsgegenständen und Kleinskulpturen begegnet. Auch der Thulit tauchte 1966 in Westaustralien und etwa um die gleiche Zeit in Namibia in bemerkenswerten Farbstellungen auf: Grüngraue oder braungelbe Grossularadern durchziehen hier den rosaroten Fond.

Den Atem allerdings hielt die Fachwelt erst an, als 1967 in Tansania die ersten durchsichtigen saphir- bis ultramarinblauen Kristalle ans Tageslicht kamen. Das ungewöhnliche Vorkommen befindet sich in den Merelani-(oder Miralani-)Hills bei Arusha im Norden des Staates. Metamorphe Schiefer, Gneise und Quarzite haben hier auf einer weiten Ebene markante Inselberge geschaffen. In diesen eigenartigen Erhebungen lagern die Tansanite in kleinen Körnern verstreut, mitunter aber auch in beträchtlichen Kristallen bis 220 Gramm Gewicht in Pegmatitlinsen.

Die Ursache der blauen Farbe, die gelegentlich, besonders bei helleren Steinen, ins Amethyst-Violett hinüberspielt, ist bis heute noch nicht sicher entschlüsselt. Man fand Spuren von allerlei Metallen von Eisen bis Blei, ebenso Strontium und Mangan anstelle von Kalzium, spricht jedoch am ehesten dem Vanadium die betörende Färbung zu. In späteren Jahren wurden in Tansania übrigens auch klare braune, rotviolette, grüne und farblose Zoisite gefunden. Selbst von einem kräftigen blauen Katzenauge wird berichtet.

In seiner Härte ist der Tansanit freilich nicht so überzeugend, denn sie kommt knapp an die des Quarzes heran. Das bedeutet, dass im Schmuckstück die Facettenkanten bei jahrzehntelangem Tragen nicht gegen Abstumpfung gefeit sind. Auch ist der Edelstein durch seine vollkommene Spaltbarkeit schwierig zu schleifen, sollte niemals der Ultraschallreinigung ausgesetzt und von Säuren ferngehalten werden.

Was macht ihn dann so begehrt, dass selbst Überbewertungen nicht ausgeschlossen sind? Es ist bei relativ hoher Lichtbrechung die Farbe in ihrer besonderen Konstellation. Der Tansanit zeigt sich nämlich nicht nur in strahlendem Blau, was anfangs zu dem Versuch führte, ihn als „Meru-Saphir“ in den Handel zu bringen, sondern er ist so stark pleochroitisch (mehrfarbig je nach der Richtung im Kristall), dass als Zweitfarbe Purpur zart mit aufscheint, wenn ein Schmuckstück bewegt wird. Mit speziellen optischen Geräten kann man sogar neben Saphirblau und Purpur als dritte Farbe ein Gelb bis Grünbraun sichtbar machen. Es gibt nur fünf Edelsteine, die gleichermaßen auffallend dreifarbig (trichroitisch) sind. So braucht man also nicht lange nach dem Grund für die Exklusivität des Tansanits zu suchen.