– Monatsstein Juni –

Fundorte: Sri Lanka, Birma, Brasilien, Indien, Madagaskar und USA
Mohshärte: 6 – 6,5
chem. Zusammensetzung: K[CSi, Al4O8]
Spez. Gew.: 2,5 – 2,6
Kristallsystem: monoklin
Brechungsindex: 1,53

„Luna mit silbernem Schein“ heißt es in einem altbekannten Wiegenlied, und Mendelssohn singt mit Lenaus Worten: „Auf dem Teich, dem regungslosen, eilt des Mondes holder Glanz.“. Mit diesem zauberhaften Lichtschimmer ist auch ein Edelstein umgeben, der dem Erdtrabanten seinen Namen verdankt: der Mondstein. Als Monatsstein finden wir ihn dem Juni zugeordnet, und in der Astrologie gehört er zum Sternbild des Krebses.

Es ist kein Wunder, dass wir einem Stein, der für den phantasievollen Betrachter nicht nur das Licht des Mondes einfängt, sondern nach Vorstellung der alten Römer gar durch Mondschein entstanden ist, in der Mystik an hervorragendem Platz begegnen. Der Mondstein gilt als Stein der Frauen, was ihn auch zum Symbol der Fruchtbarkeit macht. Plinius d. Ä. schreibt im ersten nachchristlichen Jahrhundert über ihn: „In den Fluren aufgehängt, verhilft er den Bäumen zu reicher Frucht.“ Selbst als Liebeszauber soll er seine Dienste leisten.

In vielen Religionen wurde den Edelsteinen besondere Bedeutung zugesprochen. Anfang des 5. Jahrhunderts stellte der hl. Hieronymus eine Beziehung zwischen den zwölf Edelsteinen im Amtsschild des jüdischen Hohenpriesters, den zwölf Monaten des Jahres und den zwölf Tierkreiszeichen her. Der Brauch, in bestimmten Monaten bestimmte Steine zu tragen, stammt allerdings erst aus dem 18. Jahrhundert. Juden machten in Polen diese Idee publik, und gerade heute besinnen sich im Zuge astrologischer, esoterischer und metaphysischer Neubewegungen wieder viele Menschen auf frühere Traditionen und fast verschollene Geheimnisse. Aber auch wer Edelsteinen keine Wunderkräfte beimisst, kann sich ihrer Faszination nicht entziehen, und da hat der Mondstein allerlei Überraschungen aufzuweisen.

Im Mineralreich gehört der Mondstein zur großen Gruppe der Feldspate, die fast zwei Drittel aller Gesteine unserer Erde bilden und tatsächlich auch auf dem Mond gefunden wurden. Unter diesem Oberbegriff gibt es zwei Hauptgruppen mit vielen Varianten, und eine davon ist der Adular. Nüchtern betrachtet, ist Adular ein Kali-Tonerde-Silikat, das zu Porzellanerde verwittert. Der im Grunde farblose Stein, der meistens milchig trüb bis undurchsichtig vorkommt, hätte wohl wenig Aufmerksamkeit gefunden, hätten nicht durchscheinende fast klare Exemplare diesen eigenartigen Schillereffekt gezeigt, den man auch Adularisieren nennt.

Unerklärliche Erscheinungen und Sagenwelten liegen dicht beieinander. Als man diesen Feldspattyp zum ersten Mal im Abendland am St. Gotthard, den man für den sagenhaften „Mons Adula“ hielt, fand, gab man ihm von diesem Berg seinen Namen. Der klassische Mondstein zeichnet sich durch eine wogende blaßblaue Lichterscheinung auf gewölbten Schliff-Flächen aus. Heute weiß man, dass die Ursache die Lichtbrechung an hauchdünnen Lamellen verschiedener Feldspattypen im Innern der Steine ist. Der Mondstein will also bewegt werden.

Die Geschichte des Mondsteines lässt sich nur schwer zurückverfolgen. In alten Schriften taucht er gelegentlich als „Selenites“, „Fischauge“ oder „Ceylon-Opal“ auf. In bedeutenden antiken Schmuckstücken findet er sich dagegen niemals. Trotz seiner geheimnisvollen Leuchtkraft hat er nämlich einen Schwachpunkt, und das ist die geringe Härte. Nach der zehn Stufen umfassenden Mohs’schen Härteskala, die als Nummer 10 den Diamanten als härtestes Mineral ausweist, besitzt der Feldspat nur die Härte 6 und ist damit weicher als Quarz. Der Mondstein ist also kratzempfindlich und verträgt durch seine leichte Spaltbarkeit auch keinen starken Druck oder hartes Anschlagen. So würde seine Schönheit schwerlich Jahrtausende überdauern. Da er jedoch die übrigen Bedingungen eines Edelsteines erfüllt, nämlich Farbe, Lichtbrechung, Reinheit und Seltenheit, begann er sich Ende des vorigen Jahrhunderts seinen Platz in der Schmuckindustrie zu erobern. Immer dann, wenn blaue Steine im Trend liegen, wird der Mondstein besonders von den Frauen geschätzt, die einen Hang zur Exklusivität haben.

Grundsätzlich wird Mondstein nur als Cabochon geschliffen, denn allein auf der gewölbten Oberfläche erscheint der blaue Schimmer. Er ist um so deutlicher, je reiner der Stein ist und neben der Größe verständlicherweise preisbestimmend. Das meiste im Handel befindliche Material erreicht kaum Zentimetergröße, ist dafür aber auch erschwinglich.Das klassische Herkunftsland der Mondsteine ist Sri Lanka (das frühere Ceylon). Hier wird der Stein, der angeblich gute Träume bringt, sowohl im anstehenden Fels als auch in den sogenannten Seifenlagerstätten des Schwemmlandes geborgen. An Ort und Stelle erhält er oft seinen ersten mugeligen Schliff, wird jedoch in Europa meist nachgeschliffen, denn erst die richtig angelegte Wölbung über der Grundfläche bringt die Lichterscheinung voll zur Geltung. Ein weiteres Exportland ist Indien. Die übrigen Vorkommen, wie Brasilien, Australien USA oder Madagaskar, haben nur eine untergeordnete Bedeutung.

Der zunehmende Wohlstand in vielen Ländern der Erde hat das Interesse an edlen Steinen schneller wachsen lassen, als Vorräte vorhanden sind. Das hat mehrere Folgen: zum einen steigen die Preise, zum anderen wird die Suche nach noch ausgefalleneren Stücken verstärkt. Dem Mondstein bescherte das allerlei farbliche Exoten. So trifft man heute auch auf gelbe, rauch- und champagnerfarbene, schwarze und rote Exemplare. Milchigblau bis hellgrün gibt es sogar Mondstein-Katzenaugen, und Exklusivität verspricht der Oligoklas-Mondstein, dessen Lichtschimmer alle Farben des Regenbogens zeigt.